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NOVEMBER 2020

Spendenaufruf

von Rektor Prof. Gerald Fauth

Spendenaufruf von Rektor Prof. Gerald FauthFoto: Jörg Singer
Liebe Kolleginnen und Kollegen in Lehre und Verwaltung, 
liebe Freunde der HMT, 
 
vor mir liegt die Mail, die mein Vorgänger im Rektoramt, Herr Prof. Martin Kürschner, am 9. April 2020 unter dem Stichwort Corona-Hilfe in Absprache mit dem Freundeskreis der HMT an Sie gesandt hat. 
 
Seitdem sind reichlich 7 Monate vergangen. Wir haben es bis Juni dank gemeinsamen Engagements geschafft, ca. 42.000,00 € an Spendengeldern zu akquirieren und konnten damit mehr als 50 Studierenden der HMT finanziell unter die Arme greifen. 
 
Dann kam der Sommer und mit ihm die Hoffnung auf nachhaltig bessere Tage. Wie wir jetzt wissen, sind unsere Wünsche nur kurzzeitig in Erfüllung gegangen. Im Gegenteil, uns stehen mit der gerade anbrechenden kalten Jahreszeit weitere Monate der Ungewissheit und massiver Einschränkungen in Bewegungsfreiheit, Berufsausübung und damit Lebensqualität bevor.
 
Wieder einmal sind unsere Studierenden direkt betroffen: Zu den Zukunftssorgen kommen ganz aktuell die Nöte, die entstehen, wenn das Konto nicht mehr genügend Deckung aufweist, um dringendste Rechnungen zu begleichen. Wegfallende Verdienstmöglichkeiten durch geschlossene Theater, Konzerthäuser, Restaurants und viele andere Absagen an bestehenden Arbeitswillen stimmen nicht nur mutlos, sondern zunehmend verzweifelt. 
 
Meine große und herzliche Bitte an alle unter uns, die es sich leisten können, Unterstützung zu geben: Lassen Sie uns den Corona-Hilfsfond wieder beleben, das Konto des Freundeskreises bei der Sparkasse besteht noch. Helfen wir gemeinsam den uns anvertrauten jungen Menschen, die gerade jetzt die Zeichen gelebter Solidarität voller Dankbarkeit begrüßen werden.
 
Gestatten Sie mir ein persönliches Wort: Ich selbst gehörte nie zu denen, die Silvester lautstark gefeiert und Leuchtraketen in den Himmel gefeuert haben. Aber das Weihnachtsfest mit seiner Möglichkeit des Schenkens war mir immer heilig. In diesem Jahr habe ich für mich beschlossen, der treuen und mir teuren Gewohnheit eine andere Ausrichtung zu geben: Ich werde versuchen, durch Spenden denjenigen unter uns zu helfen, die Unterstützung bitter nötig haben.  
 
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Es liegt mir vollkommen fern, bei so einem sensiblen Thema Tendenzen vorgeben zu wollen. Ich möchte nur darum bitten, zu prüfen, ob es möglich ist, den momentan Schwächeren unter uns, die stark werden wollen, ein Zeichen praktizierter Mitmenschlichkeit zu senden.
 
Mit bestem Dank für Ihre Aufmerksamkeit und herzlichen Grüßen!
 
Ihr 
Gerald Fauth
 
Bankverbindung 
Freundeskreis der HMT e.V. 
Sparkasse Leipzig 
IBAN: DE91 8605 5592 1100 1490 97 
SWIFT: WELADE8LXXX
Verwendungszweck „Corona-Hilfe Studierende“ 
 
HMT-Informationen zur aktuellen Lage:       https://www.hmt-leipzig.de/corona

Offener Brief

des HMT-Rektors Prof. Gerald Fauth
zur coronabedingten Schließung von Theatern und Konzerthäusern im November 2020

Offener Brief des HMT-Rektors Prof. Gerald Fauthzur coronabedingten Schließung von Theatern und Konzerthäusern im November 2020Foto: Jörg Singer

Der Brief ist gerichtet an Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker des Bundes und der Länder.

(Ganz unten siehe Download als pdf-Datei.)

 

***

 

Leipzig, 05. November 2020
 
Offener Brief zur Corona-bedingten Schließung von Theatern und Konzerthäusern
 
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

sehr geehrte verantwortliche Politikerinnen und Politiker des Bundes und der Länder,

 

gestatten Sie, dass ich mich als Rektor der ältesten deutschen Musikhochschule (der heutigen Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“Leipzig) und nach Rücksprache mit dem akademischen Senat des Hauses in größter Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt unseres einmalig schönen und  noch immer mit Kultur gesegneten Landes an Sie wende.
 
Wie wir alle wissen, steckt die moderne Zivilisation in einer ihrer existenziellsten Krisen. Ein Virus bedroht unsere Gesellschaft und legt neben seiner Gesundheitsgefährdung die Axt an jene Wurzel, die entscheidend ist für unser Überleben: den menschlichen Zusammenhalt.
 
Wo finden wir jenseits aller ökonomischen Interessen zueinander, um uns gemeinsamer Werte und Empfindungen bewusst zu werden? Wo spüren wir den Halt, ohne den kein Zukunftsvertrauen gedeihen kann? Das sind nicht nur die Gotteshäuser, es sind auch die Stätten der Kunst. Hier verorten wir, was uns am dringendsten nottut: die Sättigung durch seelische Nahrung, so wichtig wie das Stillen des Hungers nach einer anstrengenden Arbeit.
 

Kunst kann im Rückzug gedeihen, aber sie wirkt niemals für sich. Kunst lebt durch Gemeinschaft, indem sie diese fordert und fördert. Und Kultur ist eben nicht nur Freizeitvergnügen. Kultur ist mehr: Kultur ist eine Lebensaufgabe, Kultur ist eine Haltung. Kultur und Kunst sind das, was uns überhaupt erst zu Menschen gemacht hat, weil beides garantiert, dass wir im besten Falle ohne handfeste Eigeninteressen über uns selbst hinauszuwachsen vermögen - Kultur und Kunst sind der Kitt der menschlichen Zivilisation.

 

Warum schreibe ich das? Mir geht es mit diesem Statement nicht nur um die Verteidigung der Existenzgrundlagen vieler Künstler. Mir geht es um die Auswirkungen der dauerhaften Stille, die durch Schließungen von Theatern und Konzertsälen droht.
 

Der wahre Zustand einer demokratischen Gesellschaft offenbart sich in der Kommunikationsfähigkeit ihrer Mitglieder. Sprachlosigkeit und innere Emigration fördern bei den meisten von uns keinen Gemeinsinn, sondern bewirken Aufgabe und Resignation.

 

Ich bin kein Wissenschaftler, sondern ein derzeit stark im pädagogischen Bereich tätiger Künstler mit jahrzehntelanger Konzerterfahrung. Ich weiß, was es bedeutet, wenn das Publikum auch in großen Sälen kaum zu atmen wagt; wenn es Momente gibt, die plötzlich das Übersinnliche im Raum lebendig werden lassen. Ein Kunsterlebnis kann das Höchste und Edelste in uns hervorrufen: das Erschauern vor der Ewigkeit. Nur in Demut vor dem Höchsten je Geschaffenen werden wir überlebensfähig sein, das ist meine tiefe innere Überzeugung. Der Besuch eines Konzerts oder einer Theateraufführung ist Gottesdienst für die Seele eines jeden Menschen, der sich mehr vom Leben ersehnt als ökonomische Reife und Maximierung.
 

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrte Damen und Herren, bei alldem werden Sie sicher nachvollziehen können, wie sehr mich eine sprachliche Unsensibilität entsetzt hat, die Theater und Konzerthäuser in einem Atemzug mit Bars, Massagesalons und Bordellen zur Schließung verdammte. Wo sind wir hingekommen? Was sind unsere wahren, höchsten Werte?

 

Mein dringender Appell, meine herzlichste Bitte an Sie: Öffnen Sie ab Ende November wieder die Konzerthäuser und Theater, die sich mit viel Aufwand und Akribie um bestmögliche Hygienekonzepte bemüht und diese umgesetzt haben! Gestatten Sie den dort Tätigen, für Mitmenschen zu wirken, die der Früchte unserer teilweise jahrhundertealten Kunst- und Kulturtradition bedürfen.
 
Niemandem ist mit seelischer Verödung gedient, im Gegenteil: Die verheerenden Auswirkungen emotionaler Wüstenlandschaft erkennen wir schon heute am Horizont. Lassen Sie uns gemeinsam in der jetzigen bedrohlichen Situation der Kunst und Kultur die ihnen gebührenden und notwendigen Möglichkeiten geben.
 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

 
Mit vorzüglicher Hochachtung,
 
Prof. Gerald Fauth

 

 

Link Text [803.3KB/pdf]

Stellungnahme

der Leipziger Wissenschaftseinrichtungen


„Wissenschaft ist und bleibt zuverlässige Informationsquelle“

 

Vor dem Hintergrund einer von der Initiative „Querdenken“ angekündigten Großdemonstration in Leipzig am 7. November 2020 veröffentlichen Leipziger Wissenschaftseinrichtungen folgende gemeinsame Stellungnahme:

 

Die Leipziger Wissenschaftseinrichtungen stehen für offene Diskussionen und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Argumentationen. Im Zuge der Corona-Pandemie sind Forschungsprojekte und -ergebnisse die entscheidende Basis für entschlossenes Handeln. Diskurs und Kritik, gerade zu einzelnen Maßnahmen, sind damit nicht ausgeschlossen, im Gegenteil. Entsprechende Debatten finden statt und sind wichtig für unsere Demokratie.

Falschinformationen, Halbwahrheiten und Verschwörungstheorien schaden unserer Gesellschaft aber massiv. Sie dürften leider die für den 7. November in Leipzig geplante Demonstration prägen. Nachvollziehbare Sorgen und Nöte werden ausgenutzt, und einige Akteure streben unverkennbar eine Radikalisierung an.

Wir setzen als wissenschaftliche Institutionen gemeinsam darauf, dass die Mehrheit unserer Gesellschaft für solche Tendenzen nicht empfänglich ist. Das „Wissenschaftsbarometer Corona Spezial“ hat gezeigt, dass Forschung und Wissenschaft in Krisenzeiten einen hohen Stellenwert als zuverlässige Informationsquelle einnehmen. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, dass das so bleibt.


Unterzeichner:

• Leipzig Science Network e.V.

• Berufsakademie Sachsen, Staatliche Studienakademie Leipzig

• HHL Leipzig Graduate School of Management

• Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB)

• Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig (HMT)

• Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK)

• Universität Leipzig

• Deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ)

• Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW

• Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI

• Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ

• Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL)

• Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung (IOM)

• Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)

• Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS)

• Studentenwerk Leipzig