Wer an das Kirchenmusikalische Institut in Leipzig und seine Geschichte denkt, wird sich zuerst an berühmte Namen erinnern, an Karl Straube, an Günter Ramin, Karl Hoyer, Johann Nepomuk David oder Kurt Thomas.
Die Geschichte des KI selbst ist von drei verschiedenen Faktoren geprägt worden: Von einem kirchlichen, einem politischen und natürlich einem künstlerisch-pädagogischen. Dies hat zu tun mit den Besonderheiten des kirchenmusikalischen Amtes in Deutschland und mit den Höhen und Tiefen der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert.
Mit der Gründung des Leipziger „Conservatoriums der Musik" auf Initiative und unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahre 1843 begann auch die Geschichte der Orgelausbildung. Der erste Orgellehrer war der Nikolaiorganist Carl Ferdinand Becker. Ihm folgten im 19. Jahrhundert fast alle Organisten an St. Nikolai und St. Thomas sowie einige Thomaskantoren als Orgellehrer nach, unter ihnen der namhafte Bach-Forscher Thomaskantor Wilhelm Rust.
Im Jahre 1907 wurde Thomasorganist Karl Sraube Orgellehrer am Konservatorium und zog sehr schnell eine größere Zahl von Orgelschülern nach Leipzig. Damit begann die Geschichte der „Leipziger Orgelschule". Die für 1914 geplante Eröffnung einer Orgelausbildung auch für den kirchlichen Dienst mit einer offiziellen Prüfungsordnung scheiterte dann allerdings durch den Beginn des 1. Weltkrieges.
Nach dem Ende des 1. Weltkrieges war die Situation eine völlig andere. Mit dem Ende der Monarchie erfolgte die rechtliche Trennung von Staat und Kirche. Damit endete auch die bisherige institutionell-rechtliche Bindung zwischen Schullehreramt und Organistendienst.
Die Pläne von 1919 führten 1921 zur Gründung des „Instituts für Kirchenmusik", das allerdings zusammen mit der gesamten Hochschule in diesen Nachkriegsjahren in größte finanzielle Schwierigkeiten geriet. Die endgültige Gestalt fand das Institut dann 1926 als „Kirchenmusikalisches Institut der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens am Landeskonservatorium für Musik".
Auf der Geschichte des Instituts nach 1933 liegen unübersehbare Schatten. Straube selbst war, wie auch andere Dozenten, Mitglied der NSDAP, auch wenn er sich offenbar nicht aktiv politisch betätigte. Die Hochschule sollte nun der musikalischen Erziehung im nationalsozialistischen Sinne dienen, und dazu passte die Kirchenmusik nicht. Jedenfalls wurde der Begriff 1941 gestrichen, wenngleich es die Ausbildung weiterhin gab.
Ganz ähnlich war es dann in den kommunistischen Zeiten der DDR. Zunächst wurde nach 1945 wieder vom Kirchenmusikalischen Institut gesprochen, ein neuer Vertrag mit der Kirche kam aber nicht zu Stande. Dass die meisten Absolventen weniger die Staatskultur als vielmehr die Kultur der Kirche förderten - davon sprach man besser nicht so laut.
Mit der Friedlichen Revolution 1989 und der deutschen Wiedervereinigung 1990 gingen die Initiativen zur Wiedereinrichtung des KI wesentlich von den Studenten selbst aus, mit dem Ziel eines vollständigen Kirchenmusikstudiums. 1992 wurde das Institut wiedergegründet und führt neben der kirchenmusikalischen Ausbildung auch die künstlerischen Studiengänge für Orgel und Chor- und Ensembleleitung durch. Diese gleichberechtigte Existenz verschiedener Studiengänge stellt eine Besonderheit des Instituts mit entsprechenden gegenseitigen Befruchtungsmöglichkeiten dar.
Die damals neu gestalteten Curricula sind in letzter Zeit auf Bachelor- und Masterabschlüsse umgestellt und bieten damit inhaltlich und in den äußeren Studienbedingungen zeitgemäße Studienmöglichkeiten, in denen zugleich die heutigen Erfordernisse in Kirche und Gemeinden berücksichtigt werden.